12/15 JobAct® tC in Mannheim

Mut zu schwerem Stoff in Mannheim

Es kostet Mut und Überwindung, sich einem Publikum zu stellen, noch dazu mit dem schweren Stoff der beiden klassischen Werke.

Die 30- bis 60-jährigen Spieler schlüpften dabei in wechselnde Rollen, zitierten mal die Verse von Goethe und Schiller, mal warfen sie existenzielle Fragen in den Raum, die zum Nachdenken über die eigene Lebenssituation anregten.

Fotografin: Edyta Rorat

Es gab aber auch Momente der Ironie, konstruierte Jobangebote, das Berufsprofil eines Räubers mit Bereitschaft zum Morden und Plündern oder des Verkäufers eines Curry-Wurst-Standes - en vielschichtiges Projekt. Das Publikum zollte den hochmotivierten Darstellerinnen und Darstellern langen Applaus.

[© Mannheimer Morgen, Dienstag, 17.05.2016]

Das Plakat zum Stück

Langzeitstürmer

Über das Stück: Faust im Jobcenter findet, dass er keine großartigen Fähigkeiten aufbringen kann, obwohl er jahrelang studiert hat. Franz, kurz vor seinem Besuch bei seinem Arbeitsvermittler, steht in der Männertoilette vor dem Spiegel und kommt sich von der Natur benachteiligt vor.

Was machen Figuren des Sturm und Drang im Arbeitsamt? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Theatergruppe des Projektes »JobAct to Connect« Mannheim. Stücke wie Goethes „Urfaust“ und Schillers „Die Räuber“ werden dabei in die eigene Lebensrealität übertragen.

Öffentliche Generalprobe: 12.5.2016, Beginn 20:00
Premiere: 13.5.2016, Beginn 19:30

Ort: Studio des Nationaltheaters Mannheim, Mozartstraße 9-11, 68161 Mannheim
Mit Unterstützung der Mannheimer Bürgerbühne

Karten über das Nationaltheater Mannheim
Kartentelefon: 0621-1680 150 / Kartenfax: 0621-1680 258
E-Mail: nationaltheater.kasse@mannheim.de

Eintritt zur Generalprobe frei, zur Premiere: 15,- / erm. 9,-

Premiere in Vorbereitung

Seit 10 Jahren setzt die Wittener PROJEKTFABRIK bundesweit Theaterprojekte mit Erwerbslosen in Kooperation mit Jobcentern und Bildungsträgern um. Das Theaterspielen soll den Teilnehmenden ermöglichen neue Wege der Berufsfindung zu gehen. Seit Dezember 2015 probt eine Gruppe in den Räumen der Mannheimer Bürgerbühne ein Theaterstück ein, das Mitte Mai zur Aufführung kommt:

Eine Innensicht von Edyta Rorat

„Hab nun, ach Philosophie, Juristerei und Medizin, und leider auch Theologie durchaus studiert, mit heißer Müh. Da steh ich nun, ich armer Tor und bin so klug, als wie zuvor“ liest die Theaterpädagogin Lea Hennecke vor. Ein Raunen geht durch den Raum. Eine Gruppe von rund 20 Menschen, die unterschiedlicher nicht sein können, sitzt in einem Stuhlkreis und lauscht den Worten aus Goethes Faust. Stille.

Die Worte haben jeden Einzelnen getroffen, denn trotz aller Verschiedenheit haben sie einige Dinge gemeinsam: Jeder von ihnen ist trotz Ausbildung oder Studium seit längerer Zeit erwerbslos. Seit Dezember nun sind sie alle Teilnehmer eines außergewöhnlichen Job-Programms. Sie spielen unter professioneller Betreuung zweier Theaterpädagoginnen Theater. Nicht nur als Vorbereitung auf eine Aufführung im Studio des Nationaltheaters Mannheim, sondern auch um sich beruflich neu zu orientieren. Hinter dem Projekt steht unter anderem die Idee, die Persönlichkeit jedes Einzelnen zu erkennen und zu stärken. Das Jobcenter Mannheim finanziert das Projekt und ermöglicht auf diese Art und Weise, den Menschen eine ganz andere Wiedereingliederung in die Arbeitswelt.

Mit Hilfe der Theaterpädagoginnen Lea Hennecke und Nina Lenz, schreibt die Gruppe ein neues Theaterstück, mit den Vorbildern von Goethes „Faust“ und den „Räubern“ von Friedrich Schiller. Geplant sind noch „Kabale und Liebe“ von Schiller sowie Goethes „Die Leiden des jungen Werter“. Alle Stücke stammen aus der Epoche des Sturm und Drang, einer Zeit, in der die Menschen begonnen haben zu rebellieren und die Ansichten der Gesellschaft in Frage zu stellen. „Die Themenschwerpunkte decken sich zu hundert Prozent mit meinen Interessen“, versichert Martin, ein Teilnehmer des Projekts. Aber es findet nicht nur eine Übereinstimmung statt. „Gerade Goethe mit seinem Faust ist eine Herausforderung für mich“, sagt Anita. Nielle spürt ebenfalls diese Herausforderung und empfindet sie als sehr positiv: „Es ist spannend die eigenen Grenzen auszutesten, körperlich und geistig. Außerdem genieße ich es, meine Kreativität einbringen zu können. Ein fruchtbarer Boden für die Persönlichkeitsentwicklung wird bereitet.“

Lea und Nina unterstützen die Gruppe nicht nur dabei, alten Stoff in die Neuzeit zu verlegen sowie Parallelen zum Jobcenter zu finden, sondern helfen den Teilnehmern bei der Selbstfindung mit vielen interessanten und zum Teil auch sehr amüsanten Übungen. Verrenkungen, Improvisationsübungen sowie Übungen zur Selbstwahrnehmung stehen bei den 30-60-Jährigen von Montag bis Donnerstag auf dem Plan.

Am Freitag wird nicht Theater gespielt. Dieser Tag ist für Bewerbungstrainerin Sophia Richter, eine Mitarbeiterin der Arbeitsförderungsbetriebe BIOTOPIA Mannheim, reserviert. Sophia Richter unterstützt alle Teilnehmenden bei der Bewerbung um Praktika und Arbeitsplätze. Zu ihren Aufgaben gehört es auch, die Stärken der Teilnehmenden herauszuarbeiten und das Berufsprofil zu schärfen. Die Bewerbungstrainerin gilt als gute Fee des Projekts. Sie hilft bei allen Problemen und Schwierigkeiten, die sowohl bei der Jobsuche auftauchen als auch innerhalb der Gruppe entstehen. „ Neue Leute, neue Impulse, da ist klar, dass Konflikte vorprogrammiert sind.“ stellt Martin fest. Reibereien bleiben bei so vielen Unterschieden nicht aus und dennoch arbeitet die Gruppe respektvoll und tolerant zusammen und wird immer mehr zu einem Theater-Ensemble bei dem Teamfähigkeit ganz weit oben stehen muss.

So ungewöhnlich wirkungsvoll das Projekt auch ist und alle sehr gerne kommen, machen sich Ängste und Ungewissheit breit. „Früher saß ich daheim viel rum und hatte nichts zu tun, jetzt komme ich jeden Morgen her, in der Hoffnung auf einen festen Job. Dennoch habe ich Angst, dass daraus nichts wird“, sagt Seven mit einem leichten Lächeln. Auch Ageliki, die sich jeden morgen darauf freut herzukommen, hat Bedenken. „Ich bin schon älter und länger aus dem Berufsleben raus. Das Projekt macht mir sehr viel Spaß aber die Probleme einen Arbeitsplatz zu bekommen, werde ich wahrscheinlich auch nach Beendigung haben.“ Um die Besorgnisse und Ängste aus dem Weg zu räumen, ist nach der Premiere für jeden Teilnehmer ein betriebliches Praktikum vorgesehen.

JobAct® to Connect erstmals in Mannheim

Zum 01.12.2015 startete ein JobAct® to Connect in Mannheim.

Unser Kooperationspartner ist sind die Biotopia Arbeitsförderungsbetriebe Mannheim, Auftraggeber das Jobcenter Mannheim.

Das Team vor Ort

Lea Hennecke (TP), Nina Lenz (TP), Sophia Richter (BM), Michaela Frieß (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Jobcenters Mannheim)

Theaterpädagoginnen: Lea Hennecke und Nina Lenz

Bewerbungsmanagerin:
Sophia Richter

Regionalvertretung Süd
Bereichsleiter: Jürgen Fritz, Tel. 01520 9332831, fritz@projektfabrik.org

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Projektträger

Projektträger ist die Projektfabrik.


Projektfinanzierung

mit Unterstützung des
Jobcenters Mannheim.

Kooperationspartner

Kooperationspartner sind die
Biotopia Arbeitsförderungsbetriebe Mannheim

www.biotopia.de

Weiterer Kooperationspartner ist die
Mannheimer Bürgerbühne des
Nationaltheaters Mannheim

www.nationaltheater-mannheim.de