Frei-Land-Projekt

Ein weites Feld ...

Ganz gleich, ob wir am Schreibtisch unser Geld verdienen, am Mischpult oder am Lehrerpult - irgendwo in den Tiefen jedes Homo sapiens verstecken sich Erinnerungen an die Zeit als unsere Vorfahren eine Fläche umschritten und sagten: „Das ist mein Land!“

Was dann folgte war allerdings ein mühseliges Geschäft, das jahrtausendelang überhaupt nur geriet, wenn der Mensch bestmöglich mit den Natur-Kräften und -Wesen der ihn umgebenden Landschaft vertraut war (und gelegentlich ein wenig Glück hatte).

Das ist inzwischen, zumindest in unseren Breiten, Geschichte. Heute sind wir vom souveränen Umgang mit der natürlichen Welt so weit entfernt, wie der im vollklimatisierten, GPS-gesteuerten Schlepper über den Acker donnernde Bauer. Selbst Schuld, oder unvermeidlich? Sinnlos, darüber zu streiten.

Also sind alle Türen zu gefallen? Nie wieder Hand und Sinne anlegen, im Umgang mit der unausschöpflich reichen Natur? Nun, da wäre eine Hintertüre ... . Wo die hinführt? In den Garten! In den von Hecken, Zäunen oder Mauern umschlossenen Raum, der zu allen Zeiten mehr war, als bloßer Produktionsplatz für Feingemüse, Kräuter und Obst. Der aus guten Gründen zum Synonym paradiesischer Zustände wurde. Und der bis heute ein Übplatz verschwindender Fähigkeiten ist.

„Ja und?“ Denen, die sowieso im Garten staunen und wühlen, sagt man damit natürlich nichts Neues. Allen anderen aber, sei das Frei-Land-Projekt ans Herz gelegt.

Das Ziel? Frei-Land schaffen und erhalten. Gärten und eines Tages vielleicht ganze Landschaften, in denen der Mensch ‚Naturwesen’ sein darf und die Natur ‚menschlich’ behandelt wird. Innere und äußere Frei-Räume eröffnen - Möglichkeiten, dass Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren der Natur näher kommen, ohne zugleich auf das Gute und Gesunde der Kultur zu verzichten.

Ein weites Feld? Unermesslich! Dennoch ist mit diesen fünf ‚Frei-Land-Projekten’ ein Anfang gemacht.

Das Balance-Gärtchen.

Der rückseitige Waldgarten des Waldorfkindergartens am Herdecker Gemeinschaftskrankenhaus ist steil. Und schattig. Daraus ergeben sich für den Gartengestalter – wie an jedem anderen Ort auch – besondere Herausforderungen und besondere Chancen. 

Das Balance-GärtChen ist der Versuch die Steilheit zu nutzen, um den ganz Kleinen (unter Aufsicht durch die ErzieherInnen, ein fein austariertes Erlebnis von Furcht und Mut zu ermöglichen. Und zwar mit diesen Elementen: Ein umzäunter Steilhang. Eine geländerfreie bogenförmige Treppe aus Sandsteinquadern. Darüber und direkt daran anschließend eine kurze Sandsteintreppe, die man mit Hilfe eines Seils hinauf und hinab klettern kann. Eine Fallschutz aus Fichtenrindenmulch. Außerdem Pflanzen, Wurzeln, Steine und Höhlungen, die nach und nach die Atmosphäre einer ‚Zwergenlandschaft’ vermitteln werden.  

Furcht (nicht Angst!) beim Anblick von Steilhang und Treppe. Mut die ersten Schritte hinauf. Erneute Furcht beim Umwenden und Seilergreifen. Mut beim zweiten, noch steileren Erklettern. Furcht und Mut beim Abstieg mit dem Rücken zum Hang. Und am Ende das Gefühl: ‚Ich kann das’.

Der Labyrinth-Garten.

Für Kinder im Schulalter. Ein Schulgarten-Projekt der Blote-Vogel-Waldorfschule in Witten-Annen. 

,Gartenbau' ist an vielen Waldorfschulen ein Unterrichtsfach für die Schüler der fünften bis neunten Klassen. Unterrichtet wird in der Regel in einem eigens zu diesem Zweck angelegten Schulgarten. 

Die Wittener Waldorfschule ,Blote-Vogel' und das ,Frei-Land-Projekt' haben sich nun zusammengetan, um dem dortigen Schulgarten eine neue Form zu geben, die am Typus des ,eckigen Labyrinths' (,Irrgarten') orientiert ist. Zwar wird dieses Labyrinth an vielen Stellen aus praktischen Gründen durchbrochen. Die ,leitend-intensivierende' und ästhetisch-reizvolle Labyrinthform wird dennoch konsequent durchgehalten. 

Vor allem aber, bietet das Labyrinth auf engstem Raum eine Reihe sehr abwechslungsreicher Pflanz-Orte. Licht und Schatten wechseln sich ab, windige und beruhigte Stellen. Außerdem werden wir in die Höhe gehen (Trockenmauern, Holzstapel, Spaliere, Bohnenstangen) und in die Tiefe (Schattenbeet, Frühbeetkasten, Erdterrarium, Wasser-Graben). 

Angeregt durch die Labyrinthform haben wir schon jetzt einige neue, zumindest was die einschlägige Literatur betrifft, noch nie ,gelesene' Ideen (Erdterrarium, Beerenigel u.a.). 

Ziel des Projekts: Neben dem unmittelbaren Gewinn für den Gartenbauunterricht der Blote-Vogel-Schule, soll der Wittener ,Labyrinthgarten' auf Dauer dazu beitragen die Schulgartenidee insgesamt zu fördern. Darüberhinaus wird der Garten durch Kurse und Führungen auch von Nicht-Schülern genutzt werden. 

Wer den Wittener Labyrinthgarten durch Zeit-, Material-, oder Geldspenden fördern möchte, ist herzlich dazu eingeladen.

Der Garten der Sieben Wege.

Was der ‚Garten der Sieben Wege’ ist? Eine Idee, die bereits angefangen hat Wirklichkeit zu werden! 

Gelegen am Fuß eines Hügels im Wittener Stadtteil Annen, im ehemaligen Obstgarten der Demeter-Gemüsegärtnerei des Instituts für Waldorfpädagogik.
Umrahmt von Feldern, Ackerland, Gewächshäusern, Parkanlagen, Hecken und Spazierwegen.
Mit Hacke, Spaten und künstlerischem Auge modelliert. Vorbereitet für Gemüse, Obst und Kräuter, für Blumen, Stauden und Gehölze.
In Erwartung zahlloser Vögel, Falter, Lurche und unzähliger weiterer vier-, sechs und achtbeiniger Gäste ... 

... sieht der ‚Garten der Sieben Wege’ auch dem Besuch möglichst vieler Zweibeiner entgegen! 

Er ist das Herzstück des ‚Frei-Land-Projekts’. Der Experimentalplatz. Ein unablässiger Versuch Mensch und Natur auf immer wieder neue Weise miteinander ins Gespräch zubringen. 

Der ‚Garten der Sieben Wege’ ist für Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren gleichermaßen gedacht. Er will sie zum Staunen bringen, zum Mitmachen, zum Verweilen und Wiederkommen. Wie? Durch Aussäen, Hacken, Giessen und Ernten. Durch Hege und Pflege. Durch Vermehrung. Durch Beobachtung. Durch Kreativität. Durch ... alles das, was Sie und wir aus diesem Garten machen werden, auch wenn wir es heute noch nicht einmal ahnen können. 

Wie weit der ‚Garten der Sieben Wege’ bereits gediehen ist? Die Grasnarbe der alten Obstwiese ist komplett geschält. Knapp die Hälfte des zukünftigen Erd-Reliefs ist modelliert und die ersten Wege sind sichtbar. 

Ob Sie uns schon heute besuchen können? Gerne. Und Sie können uns dabei helfen, dass aus einer Idee mehr und mehr Wirklichkeit wird ... . 

Was der Name bedeutet? Dieses Geheimnis wäre einen Besuch wert ... !? 

Bilder vom Projekt:

Anfang März:

Mitte April:

Anfang Juni:

Anfang August:

Anfang Oktober:

Anfang November:

Anfang Juni 2012:

März 2013:

alle Bilder: Christiane Bach (für mehr Informationen zur Fotografin siehe unten)

Baum-Land.

Ein naturpädagogisches Pilot-Projekt am Städtischen Seniorenzentrum ‚Weiße Taube’ in Dortmund Kirchhörde.

Wer in unseren geografischen Breiten seinen Blick durch die Landschaften schweifen lässt, sieht, fast überall, Bäume. Dreht man die Zeiger der Historie zurück bis in germanische Zeiten findet man sich von Urwäldern umgeben, kaum ein Weg und Steg, der dort hindurchführte, nur gelegentlich Siedlungen oder bebautes Ackerland. Die Liebe zu Wald und Baum scheint vielen von uns tief in das Wesen geschrieben zu sein. Generationen von Dichtern haben daran mitgewirkt. Bäume, vor allem die großen und altehrwürdigen sind - ... boah!

Also ist Deutschland ein Land von Baumkennern? Nicht wirklich! Wie viele Baumarten kennen wir? Birke, Eiche, Buche, Ahorn ... erkennen wir zumindest diese? Und geht es noch ein wenig differenzierter? Was ist mit Rotbuche und Hainbuche, Bergahorn und Spitzahorn? Identifizierung kein Problem? Bloße Namen ohne Inhalt? Oder nicht einmal das?

Warum nicht den Mangel beheben? Warum nicht Orte der Begegnung schaffen? Zwischen Bäumen und Menschen. Orte des Kennenlernens. Lernorte. Orte die Auge und Herz belehren können. Das will Baum-Land. Zunächst in Dortmund. Im parkähnlichen Garten des städtischen Seniorenzentrums in Dortmund-Kirchhörde. Später vielleicht auch in Ihrer Nähe?

Mit 12 Bäumen fangen wir an. Jeden Monat einen. Wählen je ein Exemplar einer Baumart im Park aus. Lassen ein Schild seinen Namen benennen. Informieren über Wesen, Wachsen und Nutzen der jeweiligen Art. Fotografieren und dokumentieren. Für die Anwohner. Und die Spaziergänger. Und für alle, die ihre grünen und holzigen Nachbarn endlich besser kennen lernen möchten: „Ach, eine Eberesche? So sehen Sie also aus!? Ich wusste ja gar nicht, dass es Sie hier überhaupt gibt!“

Die Birke (Betula pendula)

Es gibt Menschen die mögen Birken. Und es gibt welche, die mögen sie definitiv nicht. Wer diesen durch seine Rinde einprägsamsten aller einheimischen Bäume nicht mag, ist vielleicht Pollenallergiker und wird schon früh im Jahr von den millionenfach fliegenden ‚Nies-Machern’ der Birke attackiert. Oder er ist Gartenbesitzer und flucht über das flache, alles durchdringende, alles austrocknende Wurzelwerk eines großen Birkenbaums. Oder er ärgert sich über die zu Tausenden auf Dachrinnen und Gehwegen niederrieselnden, feinen SegelfliegerfrüchtChen, die nur mühselig zusammengekehrt werden können. 

Birken im Bild:

Birkenfreunde dagegen können sich nicht satt sehen an der grazilen, sich im Wind wiegenden Gestalt, dem leuchtend weißen Stamm, dem hellen, früh austreibenden Birkenblattgrün oder an dem goldgelben Herbstlaub. Und selbst die, die dem Nutzen, statt der Schönheit zugetan sind, kommen gelegentlich ins Schwärmen, wenn sie sich die vielfältige Verwendbarkeit des Baumes ins Bewusstsein rufen. 

Birken sind Pionierbäume, was sie seit dem Ende der letzten Eiszeit stets aufs Neue bewiesen haben. Zusammen mit Kiefer und Weide folgte die Birke dem tauenden Eis und ließ sich weder von Starkfrösten noch vom Wasserübermaß der vermoorten Böden aufhalten. Auch heute gehört der schnellwachsende Baum zu den Erstbesiedlern auf Industrietrümmern, Kahlschlägen und anderen ausgelaugten Böden. Schon die kleinste Erdansammlung reicht, um munter auszutreiben und halbmeterhoch und höher aus Dachrinnen, Mauerritzen oder Felsspalten aufzuwachsen. 

Während Eiche, Ahorn oder Buche zwar langsamer wachsen, dafür aber eine mächtige Krone ausbilden und biblisches Alter erreichen können, ist das Birkenleben in Raum und Zeit recht begrenzt. Nach gut fünf Jahrzehnten und fünfundzwanzig, höchsten dreißig Höhenmetern ist Schluss. Der ehemals vitale Baum stagniert. Seine Äste hängen, durchaus anmutig, herab, der in der Jugend weißleuchtende Stamm ist tief gefurcht, grauschwarz und sieht den aufmerksamen Betrachter gelegentlich aus einem traurigen Auge an. Immer mehr kleinere und größere Äste werden trocken, brechen und fallen zu Boden. Reichlich einhundertundfünfzig Jahre alt kann sie schließlich werden – danach ist gut. 

Vorher jedenfalls fühlt sich die Birke vor allem dort wohl, wo sie ungehindert zum Licht streben kann. Auf sandigen Böden. Heideland. Magerweiden. In lichten Mischwäldern. Bis auf knapp zweitausend Meter Höhe. Spätestens wenn Eichen und vor allem Buchen nachrücken und über alles was unten wächst ihr Schattendach ausbreiten, haben Birken keine Überlebenschance und müssen weiterziehen. 

Birken sind einhäusig. Das heißt? Die weiblichen, zapfenartigen Blüten und die männlichen, herabhängenden Kätzchen, wachsen nebeneinander auf ein und dem selben Baum. Geblüht wird von März bis Mai. Ab Juni bis August sind die beidseitig geflügelten, federleichten Nüsschen reif und werden oft vom Wind ergriffen und kilometerweit zu neuen ‚Ufern’ verfrachtet. 

Kulturgeschichtlich ist die Birke den Frühlingsbräuchen und -festen zugeordnet. Der aufgerichtete Maibaum ist ein Zeichen des Neubeginns, und in vielen Landstrichen und Regionen eine bunt geschmückte Birke. Fast übergangslos damit verbunden ist auch die Tradition, dass ein junger Mann zum Zeichen seiner Liebe, vor dem Haus der Auserwählten eine Birke aufstellt. 

Und was den Nutzen des beliebten, im Norden und Nordosten Europas von alters her geradezu verehrten Baums angeht – wo soll man anfangen? Wurden und werden doch Holz, Rinde, Wurzeln, Blätter, Knospen und der aufsteigende Baumsaft in allerlei Variationen verbaut, verköstigt, verbrannt, vernäht und verabreicht. 

Birkenholz ist hart, leicht, zäh und elastisch, wurde (und wird z.T. noch heute) zu Leitern, Felgen, Deichseln, Radzähnen, Getrieben, Schuhen, Möbeln, Sperrholz und sogar zu Flugzeugpropellern verarbeitet. Und weil das helle Holz den sogenannten Birkenteer enthält, lässt es sich selbst frisch geschlagen schon gut verfeuern. Aus dem gleichen Grund ist Birkenrinde ein veritabler Zunderersatz. Und eine Art Notration für nahrungslose ‚Survival’-Situationen, lässt sich doch die gelbliche Innenrinde abschaben, trocknen, mahlen und zu einem Fladen verbacken. Und es geht noch weiter! Denn weil Birkenrinde extrem wasserundurchlässig ist, kann man aus ihr Dachschindeln, Schirme oder Kanus fertigen und – solange sie noch frisch und geschmeidig ist, sogar Taschen, Umhänge und Gamaschen schneidern. Übrigens rührt auch der herbwürzige Duft von Russisch Leder von den Gerb- und Teerstoffen der Birkenrinde her. 

Und was trägt die Birke zu unserem körperlichen Wohlergehen bei? Allem voran muss der Birkensaft erwähnt werden. Traubenzuckersüß und ätherisch duftend wird er im Spätwinter am lebenden Baum ‚gezapft’, zum schnellen Verbrauch abgefüllt und als Frühjahrskur gegen Rheuma, Gicht, Arthritis, Nieren- und Blasensteine getrunken. Auch die frischen BlättChen – als Tee oder Salatbeigabe – wirken ähnlich. Schließlich sollen auch die äußerlichen Anwendungen noch erwähnt werden: Birkenelixiere dienen als Haarwuchsmittel, Gesichtswasser und Waschmittel für schlecht heilende Wunden und Ekzeme. 

Die Salweide (Salix caprea) 

Sie ist der Vorfrühlingsbaum - die Salweide. Was vor allem an ihren ‚Kätzchen’ liegt, die manchmal schon im späten Februar blühen und damit regelmässig zu einer Art Lebensversicherung für ungezählte Bienen werden, wenn die nach langen Winterwochen auf massenweise Pollen angewiesen sind. 

Die goldgelben Weidenkätzchen, die noch vor dem Laub austreiben und die Baumkrone mit ihrer Farbe zart überhauchen, sind die männlichen Blüten dieses zweihäusigen Baumes. Zweihäusig bedeutet: Die männlichen und weiblichen Blüten verteilen sich auf zwei unterschiedliche Einzelpflanzen. (Einhäusig ist z.B. der Haselstrauch. Zwitterblütig sind Obstbäume wie Apfel, Kirsche oder Zwetschge). Auch die weibliche Blüte ist im knospenden Zustand kätzchenweich. Während aber die männlichen Kätzchen nach der Blüte vom Baum fallen, bilden die weiblichen Blüten sich bis Mai oder Juni zu vielsamigen Kapselfrüchten aus, die eines Tages aufklappen und Samen-Watteknäuel entlassen, die mit dem Wind zu neuen Ufern segeln. Am Boden angekommen, muss es dann allerdings schnell gehen, sind die Samen doch nur wenige Tage keimfähig. 

Das mit dem Ufer kann man übrigens wörtlich nehmen. Denn viele Weidenarten lieben das Wasser und können ihm kaum nahe genug sein. Doch selbst auf weniger feuchten Böden geht zumindest bei der Salweide und ihrem größeren Cousin, der Silberweide, die Post ab. Weiden gehören nämlich zu den schnellstwüchsigen Bäumen unserer Heimat und werden dabei nur noch von ihrer nahen Verwandten, den Pappeln, übertroffen. Doch ‚was schnell kommt, geht auch schnell wieder vorbei’! Denn (Sal-)Weiden werden nicht sehr alt, im Schnitt an die 60 Jahre. Außerdem sind sie anfällig, nicht selten sieht man hohle, morsche Stämme, aus denen es allerdings selbst nach eventuellem Biegen und Brechen munter wieder austreiben kann. 

Und das ist wirklich weidentypisch! Bestes Beispiel: die Kopfweiden. So kann man etwa auf den feuchten Niederrheinwiesen bis heute Baumgestalten sehen, deren ungebrochene Vitalität trotz hundertfachem Wegschnitt der meterlangen Flechtruten, Jahr um Jahr aufs Neue überrascht. Und selbst die kürzesten, vom Baum geschnittenen oder abgebrochenen Weidenzweigstücke, treiben wieder aus, wenn man sie in einen halbwegs feuchten Boden steckt. 

Salweiden im Bild:

Viele Weidenarten lassen sich problemlos miteinander kreuzen, so daß die Zahl der Variationen unübersehbar und ihre Bestimmung schwierig ist. Neben Sal- und Silberweide hat es die Trauerweide, ausgehend von Napoleons Begeisterung für diesen Park-Charakterbaum, zu großer Popularität gebracht. Übrigens stellen die Weiden mit der kaum fünf Zentimeter hohen alpinen Krautweide, auch den kleinsten Baum der Welt. 

In Zeiten da die Menschen jede Pflanze auf ihre Brauchbarkeit geprüft haben, brachte auch die Weidenfamilie einigen Nutzen. So waren die Blätter der Salweide ein wertvolles Ziegenfutter (der botanische Name ‚caprea’ bedeutet Ziege!). Der Rindenabsud der Silberweide wurde zum Leder gerben verwendet, Blätter und Wurzeln zum Färben von Baumwolle. Und natürlich waren Weidenruten im Alltag der Menschen unabkömmlich: als Material für Körbe, Zäune und Fachwerk. Zum (An-)Binden von Reben, Strohdächern, Schuhen und ganz allgemein als Drahtersatz. Bis heute dienen Weidenruten auch der Hang- und Uferbefestigung. Mit der Samenwolle wurden in schlechten Zeiten sogar Kissen und Oberbetten ausgestopft. 

Das Holz der Weiden ist nicht wirklich wertvoll, allenfalls das der Silberweide, aus dem Holzschuhe, Spielzeug, Zündhölzer und Reißbretter gefertigt wurden. Gelegentlich diente das Holz eines natürlich ausgehöhlten Weidenstumpfs auch als Waschtrog oder primitives Boot. 

Als Heilmittelquelle wurden Weiden schon früh geschätzt. Rinden- und Blättertees etwa, waren wichtige Mittel gegen Fieber, Rheuma und Gicht, sowie der früher auch in Mitteleuropa weit verbreiteten Malaria. Auch die Abkochung gegen Fußschweiß und die Anwendung bei Wundwaschungen sollen erwähnt werden. Das in Rinde und Blättern vorkommende Glykosid Salicin, das im menschlichen Organismus zu Salizylsäure oxidiert, hat es insbesondere durch seinen später pharmamzeutisch hergestellten Nachfolger ‚Aspirin’, dem meistverwendeten Medikament überhaupt, zu historischer Anerkennung gebracht. Beide wirken nicht nur als Schmerzmittel, sondern auch blutverdünnend und damit im Umfeld der Herz- Kreislauferkrankungen.  

Dass die austriebsfreudige Weide auch im Volksglauben und in der Mythologie bedeutungsvoll war, versteht sich fast von alleine. Der Gegensatz von Absterben und Wiederaufleben zieht sich dabei durch die Kulturen. Weiden waren Todesbäume, Mondbäume, Femegerichtsbäume und Hexenbäume. Aber auch Symbole für Geburt und junges Leben. Der christlichen Tradition sind insbesondere die Weidenkätzchen wichtig geworden: am Palmsonntag als Palmbusch-Ersatz geweiht, fanden sie ihren Platz als Glücksbringer im Herrgottswinkel des Hauses, im Stall und auf dem Acker.

Ralf Lilienthal

Projektinitiator, Verantwortlicher
und Ansprechpartner

Ralf Lilienthal

Kontakt: tel. unter 0171 3739096, per Mail an ralf.lilienthal [at] t-online.de

Wer mehr über ‚Frei-Land’ und seine Projekte wissen will, wer lernen, helfen oder fördern will, sollte vorbeikommen, anrufen, schreiben oder mailen.

Ansonsten: Sie werden mehr von uns hören – versprochen!

Spendenkonto:
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BLZ: 430 609 67
Stichwort: Frei-Land

Christiane Bach

Die Fotografin:

Christiane Bach, geboren und aufgewachsen in Essen/Ruhr, studierte zunächst Diplom-Pädagogik in Münster und Essen. Anschließend absolvierte sie eine Ausbildung zur Staudengärtnerin und es folgten mehrere Jahre Tätigkeit in Produktion + Beratung. 2003 bekam sie ihre erste, eigene Ausstellung mit einfühlsamen Pflanzenportraits in der Orangerie der GRUGA in Essen mit dem Titel ‘Gelb tanzender Sonnenhut’. Ein Jahr später folgte eine weitere Soloausstellung im Ökologisch Botanischen Garten Bayreuth. 2005 entschloß sich Christiane Bach, neben ihrer Tätigkeit als Staudengärtnerin, ein Studium in der Fachrichtung Fotodesign zu beginnen, welches sie im Mai 2010 erfolgreich mit einem Diplom beendete. Schon während der Studienzeit werden ihre Pflanzenportraits und Gartenreportagen in verschiedenen Zeitschriften abgedruckt. Besonders häufig finden wir ihre Fotos mittlerweile in dem Erfolgsmagazin LANDLUST, einem Journal über die schönen Seiten des Landlebens.