10/20 Deine Rolle fürs Leben – Detmold
Digitale Präsentation „Besser befleckt als leer“
Eine szenische Collage aus Brechts „Baal“ und „Galilei“ sowie einem Bertolt Brecht selbst. Der Versuch, eine Videokonferenzplattform als Schauplatz zu nutzen.
Eine Zusammenarbeit der Projektfabrik gGmbH, des Netzwerks Lippe gGmbH und des Jobcenters Lippe AöR.
Wenn Sie uns ein Feedback zur Präsentation geben möchten, schreiben Sie an theaterprojekt@jobcenter-lippe.de.
Oder Sie besuchen uns in unserer täglichen Zoom-Konferenz zwischen 11.30 Uhr und 12 Uhr, um persönlich mit uns zu sprechen, Fragen zu stellen und sich mit uns auszutauschen:
Meeting-ID: 863 425 2908
Kenncode: 557799
Sollten Sie PraktikantInnen suchen, eine Ausbildungsstelle oder einen Arbeitsplatz besetzen wollen, melden Sie sich unter theaterprojekt@jobcenter-lippe.de oder bei Meggi Erwig unter der Telefonnummer 05231/6403-34.
Wie – wir gearbeitet haben
Seit Mitte Dezember 2020 befinden wir uns in der rein digitalen Arbeit. Nachdem Anfang Februar klar war, dass eine Aufführung im Sommertheater Detmold nicht möglich sein würde, stellte uns das vor ungeahnte Fragen und Herausforderungen. Wollen wir etwas präsentieren? Wenn ja, auf welche Weise? So begannen wir die Plattform Zoom als Spielplatz zu nutzen: Wir probierten mit verschiedenen Hintergründen, virtuellen wie realen, bewegten wie unbewegten. Wir versuchten, über die Kachelgrenzen hinweg zu spielen, gaben, warfen, schoben Gegenstände von Kachel zu Kachel, erprobten die Möglichkeiten, die uns durch eine Webcam gegeben bzw. nicht gegeben waren. Wieviel Körper wird abgebildet? Welche Entfernungen von der Kamera sind möglich? Gibt es Webcams, die größere Ausschnitte zeigen? Welche Handlungen sind vor einer Webcam möglich?
Nachdem wir uns entschieden haben, welche Figuren von Brecht uns wichtig sind, ging es an die Umsetzung. Proben wurden angesetzt, natürlich rein digital. Hierbei wurde uns auch deutlich, was machbar ist und was nicht. So kamen wir auch zu der Entscheidung, dass wir keinen Livestream machen werden, sondern alle Szenen aufzeichnen. Alle Aufnahmen sollten mit der Aufnahmefunktion auf Zoom gemacht werden (mit Ausnahme der Waldsequenzen). Mit jeweils drei neu angeschafften Webcams und Mikrofonen ging es in die Szenen.
Da wir uns ganz bewusst dafür entschieden haben, über die Ferne zu arbeiten, also meistens alleine von zu Hause aus, standen wir logistisch vor einer großen Herausforderung: Ein Teil der TeilnehmerInnen lebt in Detmold und ein Teil in Bad Salzuflen, also etwa 25 Kilometer auseinander und unser Theaterpädagoge 50 Kilometer weiter in Hameln. Von dort aus koordinierte und leitete er das gesamte Ensemble. Zwei Teilnehmerinnen nahmen sich der Kostüme und Masken an und entwickelten diese zu Hause, Utensilien wurden bestellt, eingesetzt und verteilt. Mikrophone und Kameras wurden hin- und hergefahren, wer gerade dran war mit der Aufzeichnung, wurde ausgestattet. Es war eine äußerst aufregende Zeit, in der der direkte Kontakt zu den anderen leider sehr gefehlt hat. Als einzige Stütze diente nur die tägliche Teilnahme an den Videokonferenzen.
Trailer – zur Präsentation
Willkommen in unserem Ausstellungsbereich
Hier erfahren Sie mehr über den Projektverlauf sowie über die TeilnehmerInnen und bekommen Einblicke in die entstandenen Medienarbeiten. Viel Vergnügen!
Was – Das Projekt
Wir – Die Gruppe
Vom Glück
Wer entkommen will, braucht Glück.
Ohne Glück
Rettet sich keiner vor der Kälte
Vor dem Hunger oder gar vor Menschen.
Glück ist Hilfe.
Ich habe viel Glück gehabt. Deshalb
Bin ich noch da.
Aber in die Zukunft schauend, erkenne ich schaudernd
Wieviel Glück ich noch brauche.
Glück ist Hilfe.
Stark ist, wer Glück hat.
Ein guter Kämpfer und ein weiser Lehrer
Ist einer mit Glück.
Glück ist Hilfe.
B. Brecht
Wir sagen digital „Tschüss“ zu 2020 und wünschen euch und uns einen guten und gesunden Start ins neue Jahr!
Wo – Der Ort
Der Radwechsel
Ich sitze am Straßenhang.
Der Fahrer wechselt das Rad.
Ich bin nicht gern, wo ich herkomme.
Ich bin nicht gern, wo ich hinfahre.
Warum sehe ich den Radwechsel
mit Ungeduld?
B. Brecht
Wer – Die Akteure
Dauerten wir unendlich
So wandelte sich alles
Da wir aber endlich sind
Bleibt alles wie beim alten.
B. Brecht
- Michael
Wandelbar, Licht und Schatten, vielschichtig, vielseitig, humorvoll, aber auch sehr ernst und nachdenklich, mal in Partystimmung, mal in mich gekehrt, von Schlager bis Metal zu allem zu gebrauchen. Im Projekt fühl ich mich wie ein passender Deckel zum Topf! - Doris
Ich liebe es, in der Natur zu sein, den Bildern, Geräuschen und Gerüchen nachzuspüren, ganz langsam zu sein, auf Gras zu laufen oder Sand, Tiere zu entdecken – auf Du und Du. - Ola
Ich bin wissbegierig, vielseitig, nachdenklich, kommunikativ und lösungsorientiert. Ich interessiere mich für alles rund um Körper Geist und Seele, die Um-Welt, das Universum und die Psychologie – bin mal zart, mal hart. - Saoud
Ich bin ein sozialer Mensch und das Leben ohne Andere hat für mich kein Sinn! - Daniel
Das Reisen hat mir erlaubt, den Menschen, denen ich begegne, mit einer ganz anderen Wertschätzung gegenüber zu treten. Man lässt Ignoranz und Vorurteile zurück je mehr man von der Welt sieht.
- Marco
Mein Herz schlägt für gute Musik, Kunst, Katzenvideos und richtig schöne Socken. - Tobias
Ich bin Tobias. Mein Herz schlägt für die Musik und für die Architektur von Häusern. - Karsten
Mein Name ist Karsten. Ich höre gern Country-Musik, zelte gerne und freue mich, in diesem Projekt mitarbeiten zu können. - Alex
Ich liebe und mache Musik. Auch stundenlang über meine Lieblingsbands, Künstler bis hin zu den Grenzwissenschaften im Netz recherchieren ist Tagesablauf. - Simon
Ich sehe mich als einen offenen und lockeren Typen, der sich durch nichts allzu schnell aus der Ruhe bringen lässt. Ich versuche mit offenen Armen durchs Leben zu gehen, ich möchte mein Gegenüber mit Freude empfangen. - Nadine
Ich bin neugierig. Ich bin kein Mensch, ich bin Dynamit wie Friedrich Nietzsche sagt. Ich bin immer artig. Mal unartig, ab und zu eigenartig, manchmal großartig aber immer einzigartig. - Dagmar
Legt das Leben Dir Zitronen in den Weg mach Limonade draus.
Wie – Die Arbeit im Projekt
Schminke
Mein Gesicht ist geschminkt, gereinigt von
Aller Besonderheit, leer gemacht, zu spiegeln
Die Gedanken, nunmehr veränderlich wie
Stimme und Gestus.
B. Brecht
Lockerer Körper
So ist mein Körper gelockert, meine Glieder sind
Leicht und einzeln, alle Haltungen, die vorgeschrieben sind,
Werden ihnen angenehm sein.
B. Brecht
Was – die Entscheidung
BESSER BEFLECKT ALS LEER
Findungsprozess
Unsere Beschäftigung mit Brecht: Anschauen der Aufzeichnung „Trommeln in der Nacht“ (Münchner Kammerspiele), Dokumentationen über Brecht, Lesen von Texten, Gedichten und mehreren Stücken.
Wir lernen Brecht als bedeutenden Literaten des 20. Jahrhunderts kennen, der das Epische Theater entwickelte, der das Publikum zum Nachdenken und Hinterfragen anregen möchte statt zum Mitfühlen. Einem gemeinsamen Thema für unser Theaterstück nähern wir uns über Begriffe an, über die wir uns eine Aussage vorstellen können. Das sind Begriffe wie Macht, Angst, Heuchelei, Moral, Gier, Hoffnung, Freundschaft, Liebe, Kampf und weitere.
Wir sondieren Brechts Stücke nach diesen Begriffen und stellen fest, dass sie in irgendeiner Form in fast jedem zu finden sind. Und wir stellen fest, dass es im tieferen Sinn um den Kampf der Identitäten und um Authentizität geht. Darauf wollen wir unser Augenmerk legen.
Wir wählen einige Stücke aus, die für eine Aufführung in Betracht kommen könnten. Die Frage ist nun, ob ein einzelnes Stück auf die Bühne gebracht werden soll oder eine Collage. Wir entscheiden uns für eine Collage, da in dieser mehr Aspekte und mehr unterschiedliche Figuren dargestellt werden können.
Mit dem Lockdown Mitte Dezember ist es uns plötzlich nicht mehr möglich, uns im Hangar zu treffen. Damit wird die Idee geboren, eine digitale Präsentation zu wagen. Um herauszufinden, was für Möglichkeiten uns die Plattform „zoom“ bietet, probieren wir alles nur Denkbare in Bezug auf technische Umsetzung und optische Wirkung. Wir erkennen Grenzen, andere Möglichkeiten der Umsetzung tun sich auf, wie das Filmen per Handy oder das tatsächliche Simulieren einer Zoom-Konferenz.
Die Auswahl der in Betracht kommenden Stücke verringert sich und zum Schluss verbleiben „Das Leben des Galilei“ und „Baal“, unterstützt von einem Bertolt Brecht.
Zitate aus „Das Leben des Galilei“
- „Vertrauen wird dadurch erschöpft, dass es in Anspruch genommen wird.“
- „Ringsum sehen wir nichts als Schiefheit, Verbrechen und Schwäche. Wo ist die Wahrheit?“
- „Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher.“
Zitate aus „Baal“
- „Aber die Liebe ist auch wie eine Kokosnuß, die gut ist, solange sie frisch ist, und die man ausspeien muß, wenn der Saft ausgequetscht ist und das Fleisch bleibt über, welches bitter schmeckt.“
- „Und mit diesem verfluchten wundervollen Geschwätz schleift er einen an seinen Trog!“
- „Ich schlucke den Tod hinunter und weiß von nichts.“
Unser Brecht liest Brecht
Fünf ausgewählte Gedichte
Agitationsfilme
Vier Themen, für die wir uns einsetzen möchten.
Verkehr
Stellen Sie sich vor: Der öffentliche Verkehr rund um die Uhr kostenlos! Für alle zugänglich! Und jeden bis vor die Haustür bringend! Umweltverträglich, Ressourcen schonend, mit der Natur gehend. Wir könnten sofort handeln! Wir könnten das Schlimmste abwenden! Wir könnten es tun! Für mehr Lebensqualität! Für mehr Leben! Für mehr Freiheit! Eine Illusion?
Lüge
Ich ging auf die Straße und fand eine Lüge. Ich kam aus der Kirche und ich wusste eine Lüge. Ich verschwand hinter einem Baum und wusste nicht mehr, wer ich bin. Alles Lüge?
Arbeit
Kann Arbeit Spaß machen? Dient Arbeit dazu, sich unabhängig zu fühlen? Soll Arbeit ermutigen und stärken? Soll Arbeit sinnvoll und erfüllend sein? Stellen Sie sich diese Fragen?
Zeit
Was wäre, wenn die Erde sich nun 26 Stunden drehte? Was würden wir mit dieser Zeit anstellen? Wären wir zufriedener, glücklicher oder gar reicher? Könnten wir mit nur 12 Stunden am Tag auch alles erledigen? Oder wäre dies alles eine andere Welt?
Kurzfilm – What a difference a day makes
Unser erstes gemeinsames Werk
Kurzfilm
Auf die Idee für den Kurzfilm sind wir durch spielerische Übungen in der Theaterpädagogik gekommen. Durch iterative, generative Prozesse sind wir nach und nach dem fertigen Drehbuch nähergekommen. Ein Teil des fertigen Drehbuches beinhaltete unter anderem, dass der Nebenschauplatz Kirche mit seinem Pfarrer Beermann immer mehr in den Mittelpunkt rückte und schlussendlich zur Hauptrolle avancierte. Dementsprechend verteilten sich die zu spielenden Rollen und Orte für den Dreh. Es wurden Szenen innerhalb des Hangar 21 mit einem selbst konstruierten Beichtstuhl gedreht, die Fahr- und Unfallszenen außerhalb des Hangars sowie in der Marienkirche zu Detmold.