Das Berufsbild Sozialkünstler

Ein neues Berufsbild: Sozialkünstler

Was bewegt einen Sozialkünstler?

Der Sozialkünstler hat die Fähigkeit, fachübergreifend soziale Zusammenhänge zu gestalten.
Mit seiner Tätigkeit ergänzt er die hochspezialisierten Berufsqualifikationen durch ein verbindendes Element.
Seine Aufgabe ist es, dem zwischenmenschlichen Begegnungsfeld und der Organisation eine Entwicklung zur schöpferischen Freiheit zu ermöglichen.

Was macht die Kunst im Sozialen?

Die Kunst führt die Menschheit seit Jahrtausenden zu immer neuen Inspirationen und erhebt das Leben zu Sinnhaftigkeit und Schönheit.
Sie wirkt in ihrer einzigartigen Kraft, das im Leben Getrennte zu einer höheren Einheit zu verbinden: Gesetz und Freiheit, Vernichtung und Schöpfung, Subjektivität und Objektivität, Chaos und Ordnung.
Die Kunst ist da, wo sie ihren Namen verdient, immer produktiv, ursprünglich kreativ und damit individuell.
Sie führt zu einer exakten Analyse und trägt dabei gleichzeitig den Willen zur Synthese in sich.  
Kunst ist eine organisch wirkende Kraft, die den Menschen berührt, bewegt und dadurch auch ganzheitliche Entwicklung ermöglicht.  
Der künstlerische Prozess verwandelt alles Abstrakte und Theoretische in eine lebendige Form, die den Menschen zur Selbsterkenntnis anregt und befreit.

Die Soziale Kunst überträgt diese Prinzipien auf das konkrete Leben der Individualität und der Gesellschaft.
Sie entdeckt in jedem Menschen sein Entwicklungspotential, das weit über die Begabung und die gegenwärtigen Fähigkeiten hinausgeht.
Sie löst den Menschen aus der Problemverhaftung und der daraus resultierende Resignation, indem sie Probleme als positive Herausforderung zur Entwicklung begreift. Kein Künstler kann ohne Problem schaffen. Am Problem entzündet sich sein Feuer, sein Mut zu gestalten.
Der Sozialkünstler hat die Fähigkeit, jede Problemlage des Einzelnen und der Gesellschaft zu bejahen, da genau diese Probleme die notwendige Voraussetzung für Entwicklung sind. Das Problem wird nicht beseitigt oder unterdrückt, um wieder „normal“ zu werden, sondern führt als künstlerische Fragestellung in die Lust nach echten Ursachen zu forschen und neue Kräfte für Entwicklung in sich wachzurufen.
Die Soziale Kunst kann mit dieser Haltung in persönliche und strukturelle Ausweglosigkeit eingreifen. Sie gibt der Suche nach Sinn konkrete Inhalte und der Überforderung durch unsere heutigen Lebensverhältnisse eine neue Kraft und Stütze.
Sie stellt dem Pragmatismus unserer Kultur eine Bewegung an die Seite, die im Arbeitsleben, in der sozialen Arbeit die Schönheit der menschlichen Begegnung erkennen lässt. Wie in der Kunst führt auch im Leben die Schönheit zur Begeisterung und Anregung zur Gestaltung.

Soziale Kunst in der Praxis

Unsere Arbeitswelt ist geprägt von Spezialistentum. So sehr das auch zur steigenden Qualität auf allen Feldern geführt hat, stellt sich zunehmend die Frage nach der Verbindung dieser Spezialgebiete.
Bei aller Funktionalität führt diese Entwicklung zunehmend in eine Überforderung der Menschen in der Arbeit. Dadurch wird die Sinnhaftigkeit und zuletzt auch die Menschlichkeit in der Arbeit gefährdet.

Beispiel zur Notwendigkeit im sozialtherapeutischen Bereich: In der sozialen Arbeit wirken verschiedene Berufsqualifikationen wie Sozialpädagogen, Ärzte, Pfleger, Psychologen und Therapeuten zusammen. Durch die heutige Struktur ist dabei jeder auf sein Fachgebiet gerichtet. Die Verbindung zu den anderen Fachbereichen ist meist struktureller Art, also liegt im Sozial-, Behandlungs- und Pflegeplan. Durch den zunehmenden Druck auf die Durchführung entsteht dabei eine Entfremdung und der Hilfsbedürftige wird zum standardisierten Problem. Die sozial helfende Arbeit ist in der Gefahr, den Menschen aus dem Blick zu verlieren und dadurch auch die Sinnhaftigkeit des eigenen Berufs.

Beispiel zur Notwendigkeit im allgemeinen Berufsleben: Die Wirtschaft mit ihrer zunehmenden Komplexität in der Kommunikation und ihrem Anspruch auf Flexibilität und Innovation stellt jeden Menschen vor die Frage, woher er die Sinnhaftigkeit und Begeisterung für die Arbeit nehmen soll. Ansteigende Krankheitsstände, Burn Out und Depression sind die Folgen von fehlender Kraftquelle und fehlender Entwicklungsperspektive.

Der Sozialkünstler kommt nicht als Spezialist auf den Menschen zu, sondern als Generalist. Er bringt die Fähigkeit mit, die biographische Situation eines Menschen, einer Gruppe oder einer Einrichtung so zu erfassen, dass er aus einer künstlerischen Wahrnehmung zur Gestaltung anregen kann. Dadurch schafft er in seinem Umfeld Initiativkraft und Inspiration zu Kreativität. Er wendet dabei keine vorgefertigte Methode, kein fertiges Konzept an, sondern arbeitet aus der Fähigkeit, in jedem sozialen Zusammenhang die Kräfte zur schöpferischen Entwicklung zu mobilisieren.